Rede zur Hochschulfinanzierung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Schön, dass ihr da seid.
(Zuruf.)
Der Schwerpunkt im Einzelplan 02 ist, wie die Frau
Präsidentin schon ausgeführt hat, Wissenschaft und
Forschung. Wir haben heute Morgen schon facettenreich
einiges über die Uni gehört, aber sie sollte
in dieser Debatte ihren Raum haben. Wir haben
heute Morgen auch schon gehört, dass jeder in die
Universität investierte Euro sich rechnet, dass er
sich für dieses Land auszahlt. Das ist richtig, das hat
auch eine aktuelle Studie von Saarbrücker Hochschullehrern
sehr eindrucksvoll festgestellt. Als breit
aufgestellte Volluniversität zieht unsere Uni gerne
junge Menschen in unser Land, in unsere Region.
Aus der Sicht der Wirtschaft sei die Uni, so die Studie,
gar der wichtigste Faktor für den Erhalt der Eigenständigkeit
des Landes.
Das geht natürlich - diese Anmerkung kann ich mir
jetzt nicht verkneifen - auch auf das Engagement
und die Weichenstellung eines früheren Ministerpräsidenten
zurück, der sehr erfolgreich war und heute
mit uns weiter Politik macht.
(Zuruf und vereinzelt Lachen.)
In dem Bereich nicht, Herr Kollege, das müssten Sie
wissen; Sie waren mit dabei. - Ich nenne nur die Bereiche
Informatik, Neue Materialien. Ihr ehemaliger
Kollege hat damals die Weichen richtig gestellt und -
das haben wir auch gehört - es ist auch richtig fortgeführt
worden.
(Zuruf.)
Das ist Ihre Einschätzung, Herr Kollege Waluga, die
müssen wir jetzt nicht fürs Protokoll wiederholen. -
Wenn vor diesem Hintergrund in der öffentlichen Debatte
zuweilen der Eindruck entsteht, dass der
Hochschulstandort nur als Kostenfaktor betrachtet
wird, wird das der Uni nicht gerecht. Deshalb muss
das aus unserer Sicht dringend korrigiert werden. Es
ist einfach zu kurz gesprungen zu sagen - wie es leider
gesagt worden ist -, im kommenden Haushaltsjahr
2014 kürzt das Land bei den Hochschulen nicht,
das beginnt doch alles erst im Jahr darauf. Das aktuelle
Sparprogramm auf dem Campus, sagt die
Frau Ministerpräsidentin, sei im kommenden Jahr
Sache der Uni. Dabei ist völlig klar, dass die Uni
jetzt schon die künftige Halbierung der Kompensationsmittel
für den Ausfall der Studiengebühren auffangen
muss. Jetzt schon müssten Notmaßnahmen
Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - 21. Sitzung am 03./04. Dezember 2013
(Präsident Ley)
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laufen, damit sich die Grundversorgung in Studium
und Lehre nicht verschlechtert.
(Beifall bei der LINKEN.)
Danke schön, Frau Kollegin. - Das sind Tatsachen.
Es war ja kürzlich sehr eindrucksvoll, als über 2.000
Studierende und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Hochschulen auf die Straße gegangen sind und
genau das zum Thema ihres Protests gemacht haben.
Wir haben sie unterstützt. Die Studierenden haben
verstanden, dass es um ihre Zukunft geht, und
das ist der Punkt. Da stehen viele Ängste und Sorgen
um berufliche Perspektiven im Raum, das müssen
Sie ernst nehmen.
Ich betone an dieser Stelle: Wir erkennen an, dass
das Land sich bisher für die Hochschulen stark engagiert
hat. Das muss man fairerweise immer wieder
sagen. Aber diesen Kurs, Kolleginnen und Kollegen,
müssten Sie zumindest fortführen, den dürfen Sie
nicht zurückfahren. Wenn Sie Ihren angekündigten
Sparkurs tatsächlich umsetzen, geht es der Uni an
die Substanz, dann ist das unverantwortlich mit Blick
auf die Zukunftsfähigkeit des Landes.
Sie müssen auch ganz klar die Frage beantworten,
wie viel dem Land unsere Universität wert ist. Die
Universität hat sich wirklich sehr bemüht, eine eigene
Finanzplanung vorzulegen. Hier werden ja schon
Einsparungen in Höhe von rund 71 Millionen Euro
vorgesehen. Das bedeutet, dass es zu massiven
Einschnitten im Uni-Angebot kommen wird. Aber
das wird noch getoppt durch die Finanzplanung der
Staatskanzlei 2015-2020. Hier stehen - ich brauche
nicht alle Zahlen zu erwähnen - die Halbierung der
Kompensationsmittel und eine erhebliche Absenkung
der Grundfinanzierung im Raum.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und
Herren, eine solche Sparplanung zwingt die Universität
zu einem dramatischen Rückbau. Das müssen
wir zur Kenntnis nehmen, das wurde im Wissenschaftsausschuss
auch keineswegs polemisch vorgetragen,
vielmehr hat die Unispitze ganz nüchtern
ihre Befürchtungen dargestellt. Da war die Rede davon,
dass bis zu 60 Professuren auf der Kippe stehen.
Es ging um 4.500 Studienplätze, die eventuell
wegfallen, und 200 Stellen, die verlorengehen könnten.
Wir sind alle froh, wenn dieses Szenario so nicht
eintritt, denn das wäre ein Rieseneinschnitt in die
Qualität des Wissenschaftsstandortes und das kann
sich das Land absolut nicht leisten. Ich glaube, da
sind wir uns einig. Klar ist aber auch, dass die Uni
schon seit Jahren ein strukturelles Defizit vor sich
herschiebt und chronisch unterfinanziert ist. Das
wurde jahrelang noch dadurch verstärkt, dass die
Tarifkostensteigerungen nur unzureichend vom
Land ausgeglichen wurden. Das haben wir in den
hochschulpolitischen Debatten immer wieder in den
Vordergrund gestellt.
Ich will aber noch einige Punkte herausgreifen, die
daraus resultieren. Die prekäre Beschäftigung auf
dem Campus nimmt systematisch zu. Es ist wirklich
dramatisch. Eine echte Lebensplanung ist teilweise
gar nicht mehr möglich. Die Entfristung von Verträgen
ist die absolute Ausnahme. Die Regel sind mittlerweile
befristete Verträge, fest eingearbeitete Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter verlassen die Uni
schneller, als sie es eigentlich wollen. Eine feste
Planung im Leben ist dadurch schwierig und das
kann nicht das Ziel sein.
Weitere Risiken sind die ständigen Energiekostensteigerungen
und die Bewirtschaftungskosten. Auch
das ist ein ungelöstes Problem. Ich zitiere hier den
Unipräsidenten, der ganz nüchtern sagt: Die Finanzmittel
helfen gerade im Jahre 2013 nur, die Verschlechterung
zu minimieren. Aber Verbesserungen
lassen sich so nicht herbeiführen.
Ich finde auch nicht - das muss ich deutlich machen
mit Blick auf den Zungenschlag in der Debatte heute
Morgen -, dass das Jammern auf hohem Niveau ist.
Es ist leider ziemlich realistisch, wie das dargestellt
worden ist. Wir konnten auch im Wissenschaftsausschuss
nachvollziehen, dass die Universität sehr
verantwortungsvoll mit ihren Haushaltsmitteln umgeht.
Ich meine auch, Frau Ministerpräsidentin, Herr
Linneweber hat hier nichts zurückzunehmen, im Gegenteil.
Er hat betont, dass die Uni der Aufforderung
nachkommen wollte, für schwierige Zeiten vorzusorgen.
Ich meine, das hat sie verantwortungsvoll gemacht.
Aber in der Debatte um die Verwendung von
Mitteln muss man auch die schwierige Architektur
der Uni sehen und immer wieder einfließen lassen.
Schon heute sind Qualitätseinbußen für die Studierenden
spürbar, auch das muss man nicht schönreden.
Wir wissen, dass die Bibliotheksöffnungszeiten
bereits reduziert worden sind. Wir wissen, dass
Mentorenprogramme neu zu verhandeln sein werden,
dass Tutorien ab dem Sommersemester 2014
möglicherweise wegfallen. Ich glaube, das ist kein
Horrorszenario, das ist im Moment die Realität.
Wir haben im Ausschuss auch über die SULB, die
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek
gesprochen. Auch hier kann man die Uni nicht alleine
lassen. Das „L“ bedeutet Landesbibliothek. Hier
ist eine Verantwortung da, der man gerecht werden
muss.
In der Debatte heute Morgen gab es einen kurzen
Blick auf die Medizinische Fakultät. In dem Zusammenhang
möchte ich noch einmal auf zwei Lehrstühle
zu sprechen kommen. Der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin,
Herr Hans, ist nicht besetzt, er wird offensichtlich
auch in der nahen Zukunft nicht besetzt
sein. Das muss man doch kritisieren, das muss man
Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - 21. Sitzung am 03./04. Dezember 2013
(Abg. Spaniol (DIE LINKE))
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doch in die Debatte einfließen lassen! Es gibt noch
einen Lehrstuhl - -
(Zuruf.)
Das habe ich nicht gesagt, aber es ist schon eine
Schande, dass er nicht besetzt ist trotz allem, was
an Vorleistungen erbracht wurde. Das ist schlecht
fürs Image, darum geht es. Es gibt noch einen Lehrstuhl,
der für Arbeitsmedizin, der ist ebenfalls seit
Ewigkeiten vakant. Ich meine, das sind alles Auswüchse,
die noch zurückgehen auf die unsägliche
Debatte im Jahr 2011, als es erstmals Schließungsdiskussionen
über die Medizinische Fakultät und die
Juristische Fakultät gegeben hat. Das hat dem Ganzen
geschadet und das setzt sich meines Erachtens
an dieser Stelle fort. Die Diskussion über diese Einsparungen
schadet dem Standort per se schon
ziemlich stark.
(Beifall bei der LINKEN.)
Kolleginnen und Kollegen, nach der Finanzierungsfrage
kommt natürlich irgendwann auch die Umsetzungsfrage
und das ist die zentrale Frage, nämlich:
Was will das Land? Will das Land eine kleine Eliteuniversität,
will das Land nur ein Randspartenangebot
oder will unser Land eine Volluniversität, an der
auch möglichst viele Landeskinder die Chance für
eine Hochschulausbildung erhalten? Diese Sensibilität
- ich nenne das einmal so - ist zu hinterfragen.
Diese Sensibilität muss in der Diskussion gegeben
sein und es muss hier auch der entsprechende politische
Wille deutlich werden.
Damit sind wir auch schon bei der künftigen Ausrichtung
der Universität. Die Universität muss aus unserer
Sicht auf jeden Fall als Landesuniversität Volluniversität
bleiben. Die Befürchtungen, dass Fächer
oder Fakultäten geschlossen werden, sind nicht irgendwelche
Phantasien von denjenigen, die Böses
meinen, sondern Befürchtungen, die tatsächlich vorhanden
sind und deshalb sind sie auch ernst zu
nehmen.
Hier sagen wir klar: Die klassischen geisteswissenschaftlichen
Fächer gehören zu dem, was die Universitas
ausmacht, wenn wir sie erhalten wollen. Eine
Reduzierung auf sogenannte marktfähige Fächer
würde den Wert der freien universitären Bildung
aushöhlen. Sie haben, Frau Ministerpräsidentin,
heute Morgen die europäische Ausrichtung der Uni
angesprochen. In diesem Zusammenhang gibt es
auch Gerüchte. Vielleicht können Sie das relativieren.
Aber diese Schwerpunktsetzung ist wichtig. Sie
muss gestärkt werden und darf nicht geschwächt
werden.
Zur Profilbildung gehört auch weiterhin der Ausbau
der erfolgreichen Schwerpunkte NanoBioMed und
der Ingenieurwissenschaften. Wir haben an dieser
Stelle schon oft gesagt, dass auch die Medizintechnik
angesichts veränderter demografischer Strukturen
ein neuer Schwerpunkt werden sollte. Die Qualität
von Forschung und Lehre muss erhalten bleiben.
Ich meine, die Universität kann hier ganz gut mithalten
und das soll auch so bleiben. Dazu braucht sie
aber echte Perspektiven finanzieller Art. Da kommen
wir nicht drumherum. Planungssicherheit ist nicht
gleich Planungssicherheit. Es geht auch darum, mit
einer finanziellen Planungssicherheit noch echte
Spielräume zu ermöglichen, und diese Hoffnung hat
die Universität im Moment eben nicht. Frau Ministerpräsidentin,
Sie müssen die Hochschulpolitik schon
stärker zur Chefinnensache erklären. Denn - das
wurde auch auf der Demo deutlich -, Hochschulpolitik
sollte nicht in irgendeiner Nische in der Staatskanzlei
überwintern, sie muss schon ins Zentrum gerückt
werden, denn sie ist essenziell für unser Land.
Und da haben Sie die Verantwortung.
(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)
Deshalb kann ich nur appellieren - und damit komme
ich auch schon zum Schluss -, entwickeln Sie
mit den betroffenen Vertreterinnen und Vertretern
ein zukunftsfähiges Konzept, wie ein hoher Qualitätsstand
in Forschung und Lehre gesichert werden
kann. Es war im Ausschuss klar, dass es hier einen
Dissens gibt, und der muss ausgeräumt werden. Es
sind dringend Gespräche notwendig. Ich denke,
dann ist da auch noch etwas zu machen. Aber im
Moment - und das kann man der Spitze der Universität
eben nicht verdenken - gibt es viele Irritationen,
die durch verschiedene öffentliche Äußerungen ausgelöst
wurden. Wir fordern Sie auf: Schaffen Sie den
Weg für eine bessere Kommunikation, räumen Sie
diesen Dissens aus und bringen Sie gemeinsam mit
der Spitze der Universität die Hochschule sozusagen
zukunftssicher auf den Weg. - Danke.
(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)